Ferienreise ins Erzgebirge

  
Ferienwoche im Erzgebirge vom 03. - 11.09.2011
  
Samstag, 3. Sept. 2011

Ab 7 Uhr sind die Teilnehmer im Café Rolle in Au eingetroffen. Dort hat uns Rolf die Details zur Fahrt bekannt gegeben, wie z.B. das versetzt Fahren, kurze Abstände in belebten Gebieten etc.. Dies hat dann auch auf allen Fahrten gut geklappt. Um 08:30 fuhren wir los, und zwar in zwei Gruppen. Die eine wurde von Rolf geführt und die zweite von Roman, der seinen Job gut machte (mit einem Bonus-Programm, aber das kam später). Insgesamt waren es 14 Töff, das ist in belebten Gegenden wie bei uns ziemlich schwierig.

Die Route führte uns von Au nach Bregenz, Lindenberg, Oberstaufen, Immenstadt nach Nesselwang in den Landgasthof Löwen, wo für die, die wollten, Weisswürscht mit süssem Senf und Brezen kredenzt wurden. Der süsse Senf ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, passt aber gut zu den Würsten. Frisch gestärkt fuhren wir dann weiter. Von Nesselwang nach Marktoberdorf, Schongau (hier kam der Bonus: wir durchfuhren Schongau zweimal – wie das zustande kam, ist uns schleierhaft. Wir kamen auch erst darauf, nachdem wir etliche déja-vus hatten), Rott, Stoffen, Pitzling, bis wir in Teufelsküche ankamen. Dort kam dann die Wanderung des Tages, eine viertelstündige FünfMinuten-Wanderung. Das Restaurant hinten am See ist ein ganz moderner Bau, so etwas hatte ich jedenfalls nicht erwartet. Das Essen war immerhin gut und machte damit einen Teil der strapaziösen Wanderung wett.

Wir fuhren weiter nach Landsberg, Friedberg (bei Augsburg), Affing, Pöttmes zum Waldgasthof St. Wolfgang, wo wir Rast hielten. Dann ging es weiter über Neuburg a.d. Donau, Böhmfeld, zum Hotel Linde, wo wir übernachteten. Dies ist ein schönes Hotel mit Badeteich, der auch von einigen benutzt wurde. Das Hotel liegt im Schambachtal (dies ist wohl ein Synonym für: „in the middle of nowhere“), es muss aber für gutes Essen bekannt sein, sonst ginge man kaum dort hin. Wir waren auf jeden Fall sehr zufrieden.
  
Sonntag, 4. Sept. 2011

Nach dem Genuss eines reichlichen Frühstückbuffets fuhren wir weiter über Denkendorf, Winden, Diefurt, Oberpfraundorf, Burglengenfeld, Schwandorf zum Gasthof Lengenfelder in Stulln. Dort machten wir Pause und fuhren dann weiter nach Nabburg, Weiden (wo das grosse Versandhaus liegt „Du weisst ja, Witt in Weiden“), Tischenreuth und nahmen das Mittagessen im Hotel zum ehem. Königlich-Bayerischen Forsthaus in Waldsassen ein. Dieses Mal ohne Wanderung vom Parkplatz zum Restaurant. Wie bereits gewohnt, war das Essen gut und die Bedienung freundlich.

Weiter ging’s dann über Cheb (Tschechische Republik), Markneukirchen, Schöneck zum Gasthof Rechenhaus in Albernau. Der Wirt erzählte uns etliches zur Geschichte des Rechenhauses, leider habe ich mir nicht so viel davon merken können. Ich weiss nur noch, dass es der Anfang einer Flösserstrecke war. Diese wurde extra gebaut, um das Holz für die Spriessung der Stollen, die etwa 15 km weit entfernt lagen, auf dem Wasserweg zu transportieren. Das durchschnittliche Gefälle der Strecke beträgt 0.5 %. Die Länge des Holzes durfte ca. 1.50 m nicht übersteigen, wegen der Kurven im Flösserkanal. Damit war auch die Höhe der Stollen im Bergwerk vorgegeben. Die Arbeiter haben damals schon harte Arbeitsbedingungen gehabt! Auch das Gasthaus selbst ist uralt, bestimmt aus dem 17. Jahrhundert, leider weiss ich das nicht mehr genau. Wenn ich mich richtig entsinne, ist die jetzige Wirtefamilie seit 4 Generationen dort ansässig.

Nachdem wir unsere Coupes etc. genossen hatten, fuhren wir via Aue, Schwarzenberg, AnnabergBuchholz, Marienberg und Olbernhau zum Hotel Flöhatal in Heidersdorf. Die erste Gruppe direkt, die zweite Gruppe machte noch einen Abstecher über Seiffen, weil wir das Schild übersehen hatten, das besagte, dass die Zufahrt zum Hotel trotz Baustelle offen sei. Wir kamen dann halt von der anderen Seite, und auch von dort durch ein Fahrverbot. Als wir ankamen, standen die ersten schon mit dem Bier in der Hand vor dem Hotel! Für uns gab’s dann auch noch eines. Nachdem wir die Zimmer bezogen hatten, stand einem Aperitif und anschliessendem Nachtessen (Grillabend) nichts mehr im Wege.

Wir hatten eine schöne Fahrt auf sehr wenig befahrenen Strassen. Der Unterschied zum Verkehrsaufkommen in unseren Gefilden ist frappant. Und es kommt auch nicht alle 300 Meter ein Dorf. Es macht richtig Spass, Motorrad zu fahren. Trotzdem waren wir froh, angekommen zu sein. 
  
Montag, 5. Sept. 2011

Da Regen angesagt war, verzichteten wir aufs Motorradfahren und beschlossen, etwas Kultur reinzuziehen. Wir fuhren mit einem Bus nach Dresden und schauten uns die Stadt an. Auf dem Weg dorthin kamen wir an einem Ort vorbei, der Oberhäslich hiess. Weil es regnete, verzichteten wir darauf, anzuhalten und ein „Gruppenbild mit Damen“ zu machen. In Dresden angekommen, machten wir zuerst mit einer kundigen Stadtführerin eine Fahrt durch Dresden und liessen uns die Eigenheiten der verschiedenen Quartiere erklären. Die Dame hat allerdings so viel und so schnell geredet, dass mir praktisch alles davon wieder entfallen ist. Was ich mir merken konnte, war, dass im zweiten Weltkrieg über 90% der Stadt zerstört wurde. Die alten Gemäuer wie der Zwinger, die Semper-Oper, die Frauenkirche etc. sind in jahrelanger Arbeit wieder aufgebaut worden und erstrahlen wieder in altem Glanz. Leider sind diese Gebäude dann vor ein paar Jahren beim grossen Hochwasser der Elbe unter Wasser gesetzt worden, so dass man erneut renovieren musste. Wer noch mehr über Dresden wissen möchte, muss sich im Internet kundig machen. Für mich war die Führung eher ein Informations-Overkill, so dass letztlich kaum etwas hängen geblieben ist. 

Noch zwei Details zu Dresden. Es war die Stadt, die während der DDR-Zeiten im Tal der Ahnungslosen lag. Dies kam daher, weil im Elbtal der Empfang der West-Sender nicht möglich war und die Dresdener deshalb ahnungslos waren. Das zweite Detail: die Pünktlichkeit der Busabfahrt. Wer eine Minute zu spät kommt, muss singen. Wer zwei Minuten zu spät kommt, muss singen und tanzen. Wer drei Minuten zu spät kommt, kann singen und tanzen, wo der Bus gestanden hat.

Zum Znacht gab es im Hotel eine super gute Lasagne und Tilos legendäre Pizzas bis zum Abwinken. Es gab sicher für jeden und jede genug, und gut war es obendrein. Tilo ist extra nach Italien gefahren, um sich in die Kunst des Pizzabackens einweihen zu lassen. Dies ist ihm mit grossem Erfolg gelungen.
  
Dienstag, 6. Sept. 2011

Heute war eine Tour angesagt. Da ich kein GPS habe und während des Fahrens nicht schreiben kann, kann ich über den genauen Verlauf nichts sagen. Ich kann nur die Highlights erwähnen, und auch die wohl nicht vollständig. Es ist für mich jetzt noch unglaublich, aber eine geschlossene Gruppe von 16 Töff kann dort miteinander fahren. Dies einerseits, weil wenig Verkehr herrscht und andrerseits, weil die Gruppe sehr diszipliniert fährt. Unterstützt durch Tilo (vorne) und Claudia (nein, nicht unsere) hinten, beide mit Sprechfunk verbunden. Es war wirklich ein sehr angenehmes Fahren.

Wir kurvten ein wenig in Tschechien herum und assen bei einem Wasserfall ein Würstchen oder so. Nun aber der Wasserfall! Die Leute kommen von weit her mit Bussen und Autos, um sich dies anzusehen. Und was sehen sie? Ein kleines Rinnsal, das nur alle halbe Stunde etwas anschwillt. Das heisst, in einem Becken oben wird das Wasser zurückgehalten und alle halbe Stunde der Schieber aufgemacht und das Wasser abgelassen. Auf mich machte es eher den Eindruck, wie wenn etwa sechs Buben alle halbe Stunde gemeinsam obenaben brünzeln. Immerhin lebt der Tourismus von dem Wasserfall. Und die Beiz auch.

Danach sind wir zur Bastei gefahren. Dies ist nun wirklich ein schönes Naturschauspiel. Leider kann man nicht nach ganz vorne fahren; es gibt aber einen „Pferde-Transport“. So sind wir dann mit der Kutsche nach vorn an die Bastei gefahren. Es sind schon eindrückliche Felsformationen, sie erinnern entfernt an den Brice-Canyon in den USA. Allerdings ist das ganze nicht so gross, aber in Amerika ist ja sowieso alles grösser. Das Restaurant dort ist noch eine kleine Reminiszenz der ehemaligen DDR. Man wartet lange, bis man einen Kaffee bestellen darf und wartet noch länger, bis er kommt. Nach einer Viertelstunde sind wir dann ohne Kaffee gegangen. Wir haben später Kaffee und Kuchen an einem anderen Ort genossen. Und wie es sich gehört auf Behindertenparkplätzen geparkt (nicht alle). Und das ist auch richtig so, denn wie Tilo sagt: „Auch ein Behinderter hat ein Recht auf Diskriminierung!“.
  
Mittwoch, 7. Sept. 2011

Am Morgen war Regen angesagt, der auch tatsächlich eintraf. Dies war nicht so schlimm, weil wir einen grossen Teil des Vormittags auf der Augustusburg verbrachten. Wie es sich gehört, sind wir mit den Töff in den Innenhof der sehr schönen Burganlage gefahren. Und sofort kam eine Hüterin der guten Ordnung auf uns zugeschossen und hat uns wegscheuchen wollen. Sie habe ihre Weisungen und könne davon keine Ausnahme machen (gute, alte DDR). Tilo hat nun aber eine Bewilligung, mit seinen Gruppen dort parkieren zu dürfen. Dummerweise hat er es unterlassen, diese Bewilligung mitzunehmen und zudem hat er sich nicht telefonisch vorangemeldet. Und der Dienstweg muss nun einfach eingehalten werden, die Frau hatte ihre Weisungen! Wir haben dann letztendlich unsere Töff doch stehenlassen dürfen.........

Nach diesem Exkurs in die Geschichte der DDR besuchten wir das wunderschöne Motorradmuseum mit zum Teil einzigartigen Exponaten. Ich habe dort zum ersten Mal ein dreiplätziges Motorrad gesehen. Wegen der langen Sitzbank war der Radstand ziemlich gross, für enge Kurven war dieses Motorrad wohl kaum geeignet. Auch hatte es Motorräder mit Frontantrieb, 5-Zylinder-Sternmotoren. Wenn man sich die Details an den verschiedenen Maschinen anschaute, dann sah man, dass viele Sachen, die heute als sehr innovativ gelten, schon in grauer Vorzeit erfunden wurden.

Zum Mittagessen fuhren wir auf die Burg Scharfenstein. Wir wurden dort von einer Art lokalem Robin Hood empfangen, der uns die Geschichte der Region sowie seine persönliche Geschichte erzählte. Dies alles in einer Sprache, die für mich schwer verständlich war. Den Vogel abgeschossen hat aber die Wirtin mit ihrem sächsisch. Da war ich hoffnungslos überfordert. Mir wäre es lieber gewesen, wenn sie sächsisch mit deutschen Untertiteln gesprochen hätte. Kurz bevor wir gingen, habe ich ihr auf Baseldeutsch erklärt, wie sehr das Sächsische und das schnelle Sprechen desselben mich fordert. Sie hat mich dann völlig verblüfft und verständnislos angeschaut. So muss ich wohl auch ausgesehen haben. Das Essen dort hat nichtsdestotrotz enorm Spass gemacht.

Danach fuhren wir auf den Fichtelberg. Dies ist mit 1214 m die höchste Erhebung im Erzgebirge auf der deutschen Seite. Der Nachbarberg auf der tschechischen Seite ist 1243 m hoch. Über den sind wir nicht auch noch gefahren, weil es auf der deutschen Seite schon sehr windig und kalt genug war. Dass man eine Landesgrenze überfährt, merkt man kaum. Die Zollstationen sind nicht mehr da oder zu verkaufen (!). Dass man in Tschechien angekommen ist, merkt man vor allem an den vielen Verkaufsbuden entlang der Strasse, wo hauptsächlich Vietnamesen ihre Ramschware feilhalten. Wir sind jedenfalls daran vorbeigefahren und noch ein paar Kilometer in Tschechien herum gekurvt, bis wir uns dann zum wohlverdienten Bier im Flöhahotel wieder einfanden.

Das Nachtessen war, wie üblich, gut und der Abend, auch wie üblich, lustig.
  
Donnerstag, 8. Sept. 2011

An diesem Tag war Regen das Thema. Regen und nochmals Regen. Absolut kein Töffwetter. Tilo brachte uns nach Seiffen, wo wir das Spielzeugmuseum anschauten. Bis anhin bestand für mich das Kunsthandwerk des Erzgebirges aus den sattsam bekannten Nussknackern sowie aus den Weihnachtspyramiden. Ich bin wirklich froh, dass ich in das Museum ging. Das Kunsthandwerk hat noch sehr viel weitere Seiten, wie dort überaus anschaulich gezeigt wurde. Es würde zu weit führen, alles aufzuzählen, was es ausser den Nussknackern und den Pyramiden noch gibt. Nur ein paar Sachen: es gibt wunderschöne Holztiere, die ungemein sorgfältig gedrechselt werden. Als Drechsler muss man eine grosse Fingerfertigkeit und ein enorm gutes Vorstellungsvermögen haben. Die Drechsler dort haben das. Am meisten beeindruckt haben mich die Spielzeuge in den Streichholzschachteln. Das gibt es Dampfer, Dörfer, Wohnzimmer, Küchen und noch viele, viele mehr. Auch die Puppenstuben sind sehr schön, man sieht den markanten Unterschied zwischen dem echten Kunsthandwerk und dem Plastikzeitalter. In den Zeiten der DDR ging es langsam bergab mit diesen Spielzeugen, es scheint nun aber wieder im Kommen zu sein.

Seiffen selbst scheint nur aus Läden zu bestehen, die die kunsthandwerklichen Erzeugnisse verkaufen. Die Konkurrenz muss enorm sein, jeder Laden will den anderen überbieten mit dem Angebot. Das Ergebnis sind vollgepackte Läden mit einem so riesigen Angebot, dass man leicht eine Überdosis einfangen kann. Mit ging’s jedenfalls so und ich erlag nicht einem Kaufrausch wie andere Leute. Nachdem wir dort gut gegessen (und laaaaaange gewartet hatten, denn Qualität braucht Zeit) und dann noch diverse Läden heimgesucht hatten, liessen wir uns von Tilo, resp. Claudia) wieder ins Flöhahotel fahren. Da wir relativ früh zurück waren, haben einige von uns die Gelegenheit ergriffen und die Sauna benutzt. Um sieben trafen wir uns zum Apéro. Danach gab es ein sehr gutes einheimisches Essen: Haxe mit Sauerkraut und Knödeln. Ein Gedicht. Allerdings ist das Sauerkraut dort oben nicht so sauer wie bei uns, aber gut ist es trotzdem.

Um nach der doch relativ schweren Haxe die Verdauung zu unterstützen, habe ich eine heimische Spezialität von Digestif getrunken. Es ist dies ein Getränk, das hauptsächlich wohl aus Mottenkugeln, angereichert mit Schuhwachs und Alkohol, besteht. Die Wirkung ist eher marginal, so dass ich eine Menge davon trinken musste. Es hat mir jedenfalls gut getan, und am morgen waren die Nachwirkungen relativ gering (ausser einem Saudurst). Weil Heidis Töff so seine Mucken hat und manchmal nur sehr ungern anspringt, habe ich mich in meinem euphorischen Zustand an diesem Abend noch als Motorradflüsterer und -streichler hervorgetan und Heidis Töff behandelt. Er ist jedenfalls am Samstag ohne Theater sofort angesprungen. Im Übrigen sieht man ja auch beim Schreiben, was für eine feinfühlige Natur ich bin; nicht nur beim Motorradstreicheln. CLUB-INFO 2012 Seite 33 von 49 Ich hätte ja auch schreiben können: Mann, war ich breit an dem Abend! Na ja, es war noch im grünen Bereich und hätte schlimmer sein können. Zudem: man kann auch mit Alkohol fröhlich sein!
  
Freitag, 9. Sept. 2011

Wir gingen heute mit einem kleinen Bus nach Meissen. Die andere Hälfte der Gruppe machte sich bereits auf den Heimweg. Wir waren nur zu siebt im Bus und das ging hervorragend. Mir war ganz recht, heute nicht Töff zu fahren, bei einer Kontrolle wäre der Restalkohol morgens wohl noch etwas zu hoch gewesen. So konnte man die Fahrt geniessen, zumal es am Morgen noch etwas regnete, jedoch nur während der Fahrt nach Meissen. In Meissen schauten wir uns die berühmte Porzellanmanufaktur an, aber erst nachdem wir die Porzellanausstellung besucht hatten. An verschiedenen Stationen konnten wir die einzelnen Arbeitsschritte betrachten, die von Handwerkern und -Innen vorgeführt wurden. Es sind Arbeiten, die eine hohe Kunstfertigkeit voraussetzen, gepaart mit einer sehr ruhigen Hand. Bei aller Handwerkskunst muss aber doch gesagt werden, dass es sich um eine standardisierte Serienproduktion handelt. Selbstverständlich gibt es auch Einzelstücke wie z.B. einen Teekrug, der mir an sich noch gut gefallen hätte. Der Preis von € 45.000.-- wirkte zwar ein bisschen prohibitiv, aber ich hätte die Kanne auch nicht in einen Seitenkoffer des Töffs gebracht. Da dachte ich dann eher an eine Vase, es hatte eine wunderschöne flache Vase zu einem Schnäppchenpreis von € 3.500..--. Das war mir dann doch zu billiger Schund, also hab ich es ganz gelassen und gar nichts gekauft.

Die Fabrik hatte vor Jahren noch 1.600 Angestellte, heute sind es noch 600. Es ist abzusehen, dass die Meissner Porzellanmanufaktur irgendwann eingehen wird. Die Jungen kaufen kein Meissner Porzellan, und die anderen auch nicht. Dies einerseits, weil man halt keine solchen Nippes mehr sammelt und andrerseits, weil das Geschirr nicht spülmaschinenfest ist. Zudem kostet z.B. ein Teller ohne jegliche Dekoration, weiss, nur mit den zwei Schwertern unter der Glasur auf der Unterseite, den satten Betrag von € 55.--. Und die Figuren sind auch nicht gerade günstig, eine kleine sitzende Katze ist für rund € 900.-- zu haben. Ein paar fingergrosse Figürchen, Musikanten, kann man für € 60.000.-- erstehen. Wahrscheinlich verdient die Firma am meisten mit den Eintrittspreisen und den Führungen.

Danach schritten wir zum Mittagessen. Dieses war gut und wurde, wen wunderts, auf Meissner Porzellan serviert. Es hätte wohl auch auf anderem Porzellan geschmeckt. Danach war eine Stadtführung angesagt.

Vorweg: für mich war dies eine der interessantesten Führungen, die ich erlebt habe. Die Stadtführerin erzählte nicht hauptsächlich nur Geschichtliches der Stadt Meissen, sie erzählte uns auch, wie es in der Stadt vor der Wende ausgesehen hat. Und das muss schlimm gewesen sein. Die Stadt war am verfallen und hätte es ohne die Wende nicht überlebt. Man stelle sich vor, dass eine Stadt mit jetzt rund 27.000 Einwohnern bis vor der Wende keine Kanalisation hatte! Das hiess für die Einwohner auch keine Klos mit Wasserspülung, keine Duschen, keine Waschmaschinen, von Geschirrspülern ganz zu schweigen (nun, das hätte es in der DDR sowieso für das normale Volk nicht gegeben). Es müssen erbärmliche Zustände geherrscht haben, die Selbstmordrate war entsprechend hoch. Wer nun aber meint, mit der Wende sei der grosse Umschwung gekommen, sah sich ebenfalls getäuscht. Vor der Wende zählte man in Meissen 48 Industrietriebe, davon übriggeblieben sind zwei. Das reicht nicht zum Überleben. Meissen überlebt zum Teil, weil die Stadt zur Musterstadt erklärt worden ist und damit finanzielle Hilfe des Bundes erhält, sonst ginge gar nichts. Es gibt keine Investoren in Meissen, in Sachsen sind Investoren überhaupt Mangelware.

Wo nicht investiert wird, verfällt alles. Das haben wir auf unseren Touren in und um Sachsen gesehen. Es ist bedrückend, zu sehen, wie viele Industriebetriebe eingegangen sind und durch nichts ersetzt wurden. Natürlich ist in diesem Teil Deutschlands alles billiger, so bezahlt man für einen Quadratmeter Wohnfläche rund € 5.-- Miete pro Monat (eine Vierzimmerwohnung kostet rund € 500.--), aber was heisst das, wenn man so um € 900.-- verdient (Vollzeit!) oder zu einem Stundenlohn zwischen € 3.50 und € 6.50 arbeitet! Zudem ist man auf ein Auto angewiesen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel nur eine minimale Versorgung bieten.

Zum Znacht gab es gebratene Forelle mit Salzkartoffeln. Sehr gut, wie üblich. So gut, dass Rolf und Michael noch eine zweite verspiesen haben. Getrunken habe ich an diesem Abend nur Mineralwasser, um für die Heimreise gerüstet zu sein. Man kann auch ohne Alkohol fröhlich sein, nicht wahr?
  
Samstag, 10. Sept. 2011

Erster Teil der Heimreise. Hauptsächlich Umleitungen, wie üblich, schöne Strecken, wie üblich. Wir Fahrer ohne GPS hätten es gar nicht gemerkt, dass wir etliche Umleitungen fuhren, wenn nicht überall Fahrverbote gehangen hätten. Strassenbau muss ein florierendes Geschäft sein!

Wir fuhren pünktlich um 08:13 ab. Unser erstes Ziel war, nach den üblichen Pipihalten, die Gölzschtalbrücke. Dies ist ein enormes Teil aus Backstein, erinnert von Ferne an ein römisches Aquädukt. Es hat dort als Attraktion einen Fesselballon, von dem aus kann man das Ganze von oben betrachten, eine charmante Idee. Und eine Gedenktafel, die an die vier Männer erinnert, die dort ein Plakat mit dem Text: „Wählt Ernst Thälmann“ aufgehängt haben. Auch wenn das Plakat eine imposante Grösse gehabt haben soll, scheint es mir doch etwas hirnrissig, deswegen eine Gedenktafel aufzustellen. Man stelle sich vor, man würde in der Schweiz für jedes Wahlplakat der SP eine Gedenktafel aufstellen!

Nach der Kaffeepause fuhren wir über Mylau, Greiz, Plauen, Pirk (Autobahn bis Hof Nord), Naila zum Schwarzen Ross in Presseck zum Mittagessen. Auch dieses war gut. Also das Essen, nicht das Ross. Weiter ging’s nach Kulmbach, Hollfeld, Gössweinstein, Hilpoltstein zum Gasthaus Loos in Winterstein. Guten Kuchen gab’s dort und viele Wespen. Deswegen fuhren wir dann weiter nach Altdorf (nein, kein sog. Armee-Anlauf), dann wieder ins Schambachtal zum Hotel Linde. Die Pärchen (Sabine + Rolf, Sepp + Heidi) übernachteten dort, der Rest (Michael, Roman, Alois, Franz und Ezio) fuhr ins Gasthaus Beckerwirt zum Übernachten. Zum Nachtessen trafen wir uns dann beim Beckerwirt. Unser Motorradclub hatte das Gasthaus fest in der Hand, hatten wir doch alle Zimmer belegt.

Das Nachtessen war schon etwas speziell; einerseits weil es ewig lange ging (ihr erinnert euch: Qualität braucht Zeit) und andrerseits, weil es sehr interessante Gerichte gab. Ich hatte zum Beispiel als Vorspeise eine Unkrautsuppe, die sehr gut und rassig gewürzt war. Sabine und Heidi versuchten einen Grünkernrisotto, der offenbar auch sehr gut war. In dieser Gegend kann man das ja machen, aber ich glaube, in Italien würde man gesteinigt, wenn man so etwas Risotto nennen würde. Alle Speisen waren aber sehr exquisit und mit Sorgfalt und Liebe zubereitet. Und auch heute wieder alkoholfrei, zumindest mehrheitlich.
  
Sonntag, 11. Sept. 2011

Um halb neun (pünktlich!) fuhren wir ab, nach Eichstätt, Marxheim, Wertingen ins Bräustüble in Altenmünster. Dort vertilgten wir Weisswürscht mit süssem Senf und Brezen, wie auch schon am ersten Tag. Also soooo schlecht sind die Weisswürscht schon nicht. Bekömmlich sind sie auf jeden Fall, denn das Töfffahren fällt auch nach dem Genuss derselbigen nicht schwerer.

Und weiter ging’s. So langsam wurde es Zeit, wieder einmal zu tanken. Rolf ist ein absolutes Genie, er kann mit uns nicht nur das Wenden auf engen Strassen üben, nein, er kann auch an geöffneten Tankstellen vorbeifahren, um dann an einer geschlossenen anzuhalten. Dem Michael wurde es als wie unwohler, weil er, mit dem grössten Tank, am wenigsten Benzin hatte. Ist das nicht ein schönes Detail: der grösste Tank, dafür am leersten! Wir fanden dann noch eine offene Tankstelle in nützlicher Distanz, allein, Michael war nicht mehr bei uns. In seiner Verzweiflung hat er auf eigene Faust eine Tankstelle gesucht und auch gefunden. Wäre er mit uns gekommen, dann hätte er einen kürzeren Weg gehabt. Aber eben, Rolf hatte sein Vertrauensguthaben bei Michael verspielt.

Mit vollen Tanks fuhren wir dann über Bieberach an der Riss zum Bürgerstüble in Reichenbach. Das Essen war gut, nur dauerte es ewig lange (eine gefühlte Ewigkeit), bis ich meine Käsespätzle bekam. Ich habe mich dann auch ziemlich beschwert über die Dauer; es hat sich dann in Minne aufgelöst (nach dem Essen bin ich immer friedlicher) und die Beiz hat mir einen Kaffee offeriert. So leicht bin ich allerdings nicht immer zu bestechen. Aber die Käsespätzle waren wirklich gut (nochmals: Qualität braucht Zeit, viel Qualität braucht viel Zeit).

Leider ist dann Michael von einer schlechten Nachricht betroffen worden und hat uns Hals über Kopf verlassen. Seine Frau Marlies musste notfallmässig ins Spital. Er hat uns dann vom Spital aus eine SMS gesandt, es gehe Marlies einigermassen. Es ist schade, dass für Michael unsere Reise so unglücklich geendet hat. Wir wünschen Marlies alles Gute.

Nach dem langen Essen nahmen wir den Rest der Reise unter die Räder. Wir fuhren nach Umleitung (wie meistens), d.h. nach Bad Saulgau, Pfullendorf, Stockach, Gottmadingen, Diessenhofen, zum Restaurant Kreuzstrasse in Humlikon. Das Ende der Reise war erreicht. Alles gut gegangen und schön war’s erst noch. Aber die Preise in der Schweiz, mein Gott! Für den Preis eines Eiscafés und eines Mineralwassers hätte die Hälfte der Truppe in Sachsen gegessen!

In Humlikon teilte uns Rolf noch mit, dass Lucias Töff wegen der langen Reise in einer Tankstelle vor Erschöpfung zu Boden gegangen ist und nur mit Super wieder aufgerichtet werden konnte. Ein Care-Team wurde beigezogen. Es ist schon schön, in einer Gruppe zu sein, und den Töff nicht allein aufstellen zu müssen, nicht wahr, Lucia? Und wenn man schneller sein will als alle Andern (speziell auf der Hinfahrt), dann rächt sich das irgendwann einmal..........

Wir machten uns relativ bald ans bezahlen, weil am Himmel ein Wand aufzog, die nichts Gutes versprach. Und tatsächlich, in Effretikon musste ich notfallmässig die Regenjacke anziehen und dann schüttete es. Als ich heimkam waren jedenfalls keine Mückenleichen mehr auf dem Visier, alles hat seine Vorteile.
  
Epilog

Rolf hat uns eine wunderschöne Tour organisiert. Es war sicher für alle eine Bereicherung und nützlich zu sehen, wie wahnsinnig gut es uns im Vergleich zu den neuen Bundesländern geht. Ich glaube, wir haben einen kleinen Beitrag zur Entwicklung des Tourismus in diesen Landen geleistet. Es war eine gute win-win-Situation, wir haben unseren Spass gehabt und sie haben an uns verdient. Wir sollten wieder einmal dahin gehen; man kann sein Geld dümmer ausgeben als es dort zu tun.

Im Namen aller Teilnehmer (ich erlaube mir das mal) danke ich Rolf, und natürlich auch Sabine, die das nötige Verständnis für die Planerei und deren Folgen aufbringt, herzlichst für die Organisation dieser Ferien im Erzgebirge.

Sehr lobend erwähnen möchte ich natürlich auch Tilo, seine Mutter im Hintergrund und vor allem Claudia. Dieses Team des Flöhahotels hat wesentlich zu einem guten Gelingen unseres Aufenthaltes beigetragen. Die Ausflüge waren schön, das Essen war gut, das Trinken ebenso, das Hotel ist nett und die Betreuung der Gäste hervorragend. Wir können das Hotel bedenkenlos weiterempfehlen. Flöhateskeinegehabt. Schön war’s.
  
Teilnehmer:

Sabine und Rolf Steinmann, Lucia Bachmann, Michael Rimann, Franz Gwerder, Ezio Sormani, Fritz Niederhauser, Thomas Schwyter, Claudia Schwyter, Roman Horalek, Erich Bachmann, Erika und Giuseppe Lavanga, Heidi Sauter, Sepp Vogel, Alois Burri, (Damit ihr nicht zählen müsst: Es waren 16 Personen und 14 Töff)
  
Anmerkung des Verfassers

Dieser Bericht stellt meine Sicht der Dinge dar, sie muss sich nicht unbedingt mit den Erlebnissen und Ansichten der anderen Teilnehmer decken. Ebenso ist zu erwähnen, dass der Bericht keineswegs vollständig ist; wir haben in diesen Tagen so viel erlebt, dass man darüber ein Buch schreiben könnte. Das Schöne ist, dass wir eigentlich nur erfreuliche Sachen erlebt haben, mindestens ich habe das so empfunden. Nochmals: Freude herrscht. Die gefahrene Strecke war, nach meinem Tacho, 2.214 km.
  
Ezio Sormani