Jahresausklang in Solothurn

Führungs-Programm

Die Führung wird dir sicher in Erinnerung bleiben! Sie steht unter dem Motto: PERUECKEN UND PUDER, PARFUM UND PARASITEN

Das barocke Leben in der Ambassadorenstadt! Bei einem Rundgang durch die "schönste Barockstadt der Schweiz" erzählt an Stelle der Patrizierdame de Coin ihre Magt Marie aus deren Leben: Von Bildung, Theater, Musik, Tanz, Mode, Hygiene - und dem prunkvollen Leben am Ambassendorenhof.

Ort/Datum Datum des Anlasses: 23.11.2013, Stadt Solothurn

 

Treffpunkt

Jahresausklang vom 23.11.2013 in der Ambassadorenstadt Solothurn.

Bei kühlbedecktem, leicht feuchtem Winteranfangswetter trafen sich nicht weniger als 29 Club-Kolleginnen und Clubkollegen zum Jahresausklang. Motorisiert oder mit der ÖV angereist, trafen wir uns gegen 15:00 Uhr im Hotel-Restaurant Baslertor. Trotz oder wegen dem Motto Perücken und Puder, Parfum und Parasiten war die Stimmung fröhlich und locker, sassen in der Bar doch einige fast am Boden auf dem Hocker. Heinz hatte sich schon mit den ganzen Vorbereitungen wacker ins Zeug gelegt und mit grossem Engagement diesen Treff organisiert. Die Vorinformationen über diesen Jahresabschluss waren nicht zu hoch gegriffen.

 

 

Wir bitten um Einlass!

Um 15:00 wurden wir vor dem Baslertor von Frau Marie-Christine Egger in der barocken Arbeitskleidung als Magd Marie empfangen. Der moderneren Zeit angepasst war nur ihr Mikrophon und der Gürtellautsprecher. Das Thema der Führung war mit der Erscheinung gegeben und führte von Bildung, Theater, Musik, Tanz, Mode bis hin zu Hygiene aus der Barockzeit. Um Einlass in die Stadt zu erhalten, mussten in dieser Zeit alle eine Bescheinigung über ihre Sauberkeit vorlegen. So lautete der Einlasspass: Schultheiss und Stadt sowie Republik bescheinigen hiermit, dass vermeldete unsere Stadt und ganze Landschaft eines guten gesunden Lufts geniesse, mithin einige pestilenzische, noch andere erbliche Krankheiten (oder Viehpresten) in selbigen nicht verspüret werde, daher dann Vorweise dies, Willens zu sein, gegenwärtiger Schein mitgetheilte worden, hiermit ohne Bedenken freyer und ungehinderter Pass gestattet werden mag.

Also gegeben 13. November 2013. Wir unsererseits sind vom Hause BMW sowieso immer sauber unterwegs, so dass wir uneingeschränkt durch das Baslertor Einlass erhielten. Im Oktober 1504 wurde dieses Bauwerk nach zweijähriger Bauzeit durch einen Ratsbeschluss abgenommen. Später mit zwei Seitentürmen als Kanonenschutztürme erweitert. Ein Besuch im einzigartigen Museum Altes Zeughaus bot Einblick in die kriegerische Vergangenheit mit ihren Ausrüstungen, Hieb- und im wahrsten Sinne des Wortes- Stichfesten Waffen und Stangenwaffen, Schusswaffen bis hin zu Bannern, Fahnen und Burgunderbeuten. Unser Einblick beschränkte sich jedoch auf das Erdgeschoss als Geschützhalle und Depot mit Objekten aus der Zeit 1620 bis 1945.

 

Haltung muss geübt werden

Ein Abstecher zum Ambassadorenhof waren Anekdoten zu erfahren, was hinter solchen Gemäuern in hierarchischer Form ablief. So auch die wichtigste und auch nach aussen sichtbarste Auswirkung hatte der solothurnische Einsatz im französischen Solddienst mit der Niederlassung einer ständigen Ambassade Frankreichs für die Eidgenossenschaft in Solothurn im Jahre 1530. Diese Präsenz beein-flusste nicht nur die politische Haltung der Stadt, die Frankreich treu bleibt, sondern prägte auch das Stadtbild ganz wesentlich. Die erste Unterkunft der Ambassadeuren war recht bescheiden, erst in der Zeit des dreissigjährigen Krieges erhielt die Ambassade durch barocke Umbauten nach aussen und vor allem im Innern ein repräsentativeres Gesicht. Die Anwesenheit der Ambassade hob die Bedeutung Solothurns in beträchtlichem Masse und machte die Stadt inoffiziell zu einem Zentrum des politischen und wirtschaftlichen Lebens der Eidgenossenschaft. Von hier wurden Söldner nach Frankreich gelockt, um für die Könige Frankreichs zu kämpfen. Während fast 300 Jahren hat Frankreich die Stadt beein-flusst, geprägt und viele Spuren hinterlassen. So tauchten wir ein in frühere Zeiten, um das Gestern und das Heute zu verstehen und begleiten den Ambassadeur «Son Excellence en personne» an Orte, wo er gelebt und gewirkt hat. Was heute Brüssel, soll demnach damals Solothurn als Vergleich seiner Bedeutung gewesen sein.

Zu den Verhaltensregeln in dieser Zeit und hinter diesen Fassaden war ein beliebter Gesellschaftstanz von der zweiten Hälfte des 17. bis zum späten 18. Jahrhundert, das Menuett. Sein Ursprung ist weit gehend ungeklärt und geht auf die 1660er Jahre zurück. In diesem Zeitraum zwischen 1664 und 1687 soll es über 90 Menuette gegeben haben und aus mehr als 12 Choreographien bestanden haben. Unsere Barock-Magd Mari gab ihr Bestes in graziöser Manier, uns mit diesen Tanzschritten bekannt zu machen und uns beizubringen. So amüsant und pikant vorgeführt sah es doch noch leichtfüssig aus, ob aber die nasse Pflästerung oder die ab haltige Neigung der Gasse uns beschwerlich fiel oder das Schuhwerk, lassen wir ebenso auf dem Pflaster liegen. Manch einem oder einer wäre ein Walzerschritt wohl näher gelegen.

Solothurn ist von der heiligen Zahl 11 geprägt. Die charmante Barockstadt zählt zum Beispiel 11 historische Brunnen und 11 Museen aber auch 11 Kirchen und Kapellen. Sogar in der imposanten St. Ursen-Kathedrale wurde diese geheimnisvolle Zahl eingebunden. Die Freitreppe der Kathedrale besteht ebenfalls aus 3 Gruppen zu je 11 Stufen. Bei einer Themenführung bleibt die «Zahl 11» nicht länger ein Mysterium. Eine Uhr mit einem Zifferblatt, das nur 11 Stunden zeigt. Die heutigen Manager verkannten offenbar die Bedeutung vergangener Zeiten, sonst hätten sie der Stadt wohl die Postleizahl 1111 verpasst. Während wir kreuz und quer durch die Gassen schlendern, tauchen immer wieder imposante Sehenswürdigkeiten der Ambassadorenstadt auf und das Wetter machte ebenfalls so gut wie möglich mit. Offenbar hatte Petrus schon immer ein gutes Verhältnis zu Söldnern der Ambassadorenstadt. Eine spannende und interessante Entdeckungsreise nimmt seinen Lauf.

Stimmungsbilder

Es wird gemütlich

Im Palais Besenval wurde mit den entsprechenden Erläuterungen über die Einnahme von Getränken eine Pause gegönnt. Kaffee wurde verpönt und dennoch genüsslich neben anderen Getränken genehmigt. Die Tranksame wurden von Heinz übernommen - Dankeschön. Im gleichen Raum erfuhren wir sehr vieles über die Fächersprache. Ja, noch nie gehört? Jeder kennt sie, die Damen der gehobenen Klasse bei Opern und Ballanlässen mit diesen „Schwingen“ um ihr mit Puder und farbigen Gesichtern wedelnden Fächern. So heiß es ist, so ist die Fächersprache die galanteste Sprache der Welt. Der Fächer sei ein anmutiges Instrument zur Selbstdarstellung gewesen. Mit ihm kann jede Gefühlsregung klar und graziös ausgedrückt werden. In London und Paris soll es sogar Fächeraka-demien gegeben haben, um die Damen und Herren den graziösen Code zu lehren. Natürliche Körpersprache wird hier durch den Fächer betont und erklärt, wie der Fächer als Requisit des Flirts eingesetzt werden kann. Die Fächersprache ist natürlich keine richtige Sprache, sondern eine nonverbale Ausdrucksform - nur ein Code, mit dem Eingeweihte sich auf Gesellschaften Signale geben können; diese Signale drehen sich allesamt um - wie könnte es anders sein - das schönste Gesellschaftsspiel: das Flirten und Liebeshändel. Üblicherweise werden die Codes sehr bewusst eingesetzt, aber - wer weiß - vielleicht sind sie einigen Damen schon damals so in Fleisch und Blut übergegangen, das ihnen auch mal die eine oder andere Geste "entrutschte",was heute bei den angesprochenen Personenkreisen wohl nicht vorhanden ist. Kichernd und amüsiert wie erheitert wurde der Raum erfüllt. Hand aufs Herz, wer von den Lesenden hat sich mit einem Fächer umwerben, Bezirken lassen??

Und weiter ging es mit einer weiteren Sprache. Die Blumensprache. Sie ist ebenfalls ein Mittel der nonverbalen zwischenmenschlichen Kommunikation. Sie dient, bevorzugt heute noch unter Liebenden dazu, mit Hilfe von Blumen oder Blumensträußen Gefühle, Wünsche, Bitten und Beschwerden ohne Worte symbolisch zum Ausdruck zu bringen. Jede Blumensorte, jede Schleifenbindung am Strauß, ob hängende Blüten oder aufrecht stehende alles eine Bedeutung hatte. Anfangs mit Sträußen aus einer Blumenart, später dann durch komplizierte Mischungen, um so die verschiedensten Feinheiten auszudrücken.

 

Ein paar Auszüge seien dazu genannt:

  • Akelei: Du bist ein Schwächling
  • Anemone: Ich möchte ganz bei dir sein
  • Aster: Du bist mir nicht treu
  • Blaustern: Vergiss! Vergib mir
  • Brennnessel: Ich habe dich durchschaut
  • Dahlie: Ich bin schon vergeben
  • Distel: Die Sache ist mir zu gefährlich
  • Edelweiß: Du bist wunderschön
  • Eibe: Ich liebe dich ewig. usw.

Traditionellerweise wird der Grabschmuck mit dem Tod in Verbindung gebracht. Immergrüne Bäume dagegen stehen für Leben, Bäume mit hängenden Ästen wie die Trauerweide dagegen für Trauer.

Marie hält uns auf Trab!

Der Magen ruft!

Vieles gäbe es noch zu berichten, doch kurz vor Ablauf von zwei Stunden, standen wir alle vor dem Zeit Turm mit dem heute noch intakten Originaluhrwerk aus dem Jahre 1545. Die anschliessend fröstelnde, nächtliche Dunkelheit zog uns an die Wärme.

Im Zunfthaus zu Wirthen kamen wir vorerst zum spendierten Apéro (Erich & Max sei DANK) und der Gesprächsstoff war mehr als ausreichend nach dieser eindrücklichen und einmaligen Stadtführung. Die Vergangenheit und die Gegenwart von Solothurn wurden uns sehr eindrücklich aufgezeigt. Die amüsanten Geschichten, Anekdoten und was den heutigen Charme der schönsten Barockstadt der Schweiz bestimmt, werden wir wohl nicht so schnell vergessen. Wer glaubte eine Stadtführung sei langweilig hat sich masslos getäuscht, denn Langeweile hatte hier keinen Platz.

Das Zunfthaus zu Wirthen, erstmals 1467 erwähnt, ist das Bijou unter den Solothurner Gaststätten. Im Restaurant mit warmer Atmosphäre mit Holzdecken und Wänden sowie den schön gedeckten Tischen, fühlten wir uns sofort wohl. Der Hunger liess ebenfalls nicht länger auf sich warten und das feine Nachtessen mit Eisbergsalat mit Parmesan, Speck und Crouton, Schweinshalsbraten mit Dörrzwetschgen gefüllt, Kartoffelstock und Saisongemüse und dem feinen Süessmoschtcréme mit Rahm, gaben allen wieder Wärme und Kraft in dem ehrwürdigen Raum bei Kaffee und angeregten Gesprächen. Claire, die Partnerin von Max überbrachte zur Überraschung von allen „Tirggel“ mit, angeblich die Zürcher Oberländer Spezialität passend zum Kaffee.

 

Zum Abschluss wünschte Erich allen eine gute Winterzeit mit vorweihnächtlicher Stimmung und vor allem gute Gesundheit sowie eine gute Heimkehr. Was die Daheimgebliebenen nicht alles verpasst haben, wollte ich hier nur Auszugsweise wiedergeben! Heinz hat diesen Jahresausklang hervorragend organisiert - wir danken ihm ganz herzlich und freuen uns auf sein nächstes Engagement.

Franz Gwerder

Lassen wir noch etwas Bilder sprechen